Die Gewinnerfilme der »33. Teddy Awards«

Am vergangenen Wochenende wurden die Teddy Awards vergeben. Der separate queere Berlinale-Filmpreis, der traditionell am Vorabend von der allgemeinen Berlinale Preisverleihung stattfindet, ist der einzige queere Preis eines A-List Filmfestivals. Hier ein Überblick über die Gewinner*innen und persönliche Meinungen.

Seit 1987 wird der Teddy Award, ursprünglich nach einer Idee von Manfred Salzgeber und dem ehemaligen Berlinale-Programm »Panorama«-Kurator Wieland Speck vergeben. Die Filmauswahl bezieht dabei Filme aus jedweder Kategorie (Wettbewerb, Forum, Generation, etc.) ein, die in irgendeiner Weise LGBTIQ*-Inhalte aufweisen. Ausgezeichnet wird in den Kategorien: Bester Kurz-, Dokumentar- und Spielfilm, außerdem wird ein Jury-Award, ein Leserjury Award (in diesem Jahr vom Internetportal Queer.de) und ein Spezial Teddy (dieses Jahr an Falk Richter) vergeben.

 

Starke Bilder, starke Menschen

Die Verleihung des 33. Teddy Awards fand in diesem Jahr in der Volksbühne statt, wunderbar moderiert von Varietékünstler Jack Woodhead. Der erste Preis des Abends ging an »Entropia«, einen Animations-Kurzfilm von Flóra Anna Buda. »Entropia« ist nicht nur thematisch einen Blick wert, vor allem auch optisch ist der Film ein echter Hingucker. Hier finden sich Anspielungen auf unsere Konsumgesellschaft, eingebettet in eine Geschichte davon, wie ein Mikrokosmos die Welt zurückerobert und dabei dafür sorgt, dass drei Frauen aufeinander treffen. In ihrer Siegesrede nannte Buda das Thema »self-acceptance« zu bebildern als ihre Motivation für »Entropia«. Der zehnminütige Film funktioniert aber auch unabhängig vom Versuch ihn analytisch, interpretatorisch zu durchdringen –  nämlich als berauschende Erfahrung, allein schon der ästhetisch bunten Farbwahl wegen.

Große Freude gab es beim Filmteam von »Lemebel«, als ihr Sieg des Teddy in der Kategorie Bester Dokumentar-/Essayfilm verkündet wurde. Joanna Reposi Garibaldi setzt darin dem chilenischen Künstler Pedro Lemebel ein filmisches Denkmal. Lemebels Schaffen reicht vom Bereich bildender Kunst bis hin zu ambitioniertem AIDS-Aktivismus. Der Dokumentarfilm funktioniert auch deswegen so gut, da Lemebel als sehr charismatischer Mensch auffällt. So ist eines der Filmhöhepunkte ein Fernsehinterview mit Lemebel, bei dem er sich auf entwaffnend selbstironischen Art als effeminierter Mann präsentiert: schlagfertig, klug, charmant. 

Vom Reisen mit dem Außerirdischen

Der Spezialpreis der Jury ging an den chinesischen Film »A Dog Barking at the Moon«. Darin geht es um die Dynamiken innerhalb einer Familie, nachdem eine Mutter ihren Mann beim fremdgehen mit einem anderen Mann erwischt. Die diesjährige Berlinale war auch durch Furore um die mögliche Zensur chinesischer Beitragsfilme bestimmt. Regisseurin Xiang Zu bemerkte dazu in ihrer Dankesrede bei der Preisverleihung, dass sie die Zensur ihres Films damit umging in ihrer Einreichung des Plots die Affäre des Vaters statt als »Boyfriend«, als »Lover« zu benennen. Damit war der Spielraum gelassen, dass damit eine weibliche Affäre gemeint gewesen sein könnte, keine homosexuelle. 

Der große Gewinner des Abends hieß »Breve Historia del Planeta Verde« (Brief History from the Green Planet). Der argentinische Film erzählt die Geschichte einer Freundesgruppe von Außenseiter*innen: Der Transfrau* Tania und ihrer beiden Freund*innen Pedro und Daniela. Die Rahmenhandlung von »Breve Historia del Planeta Verde« bildet die Reise der drei zu einem Waldstück um ausgerechnet einem kleinen, schwerkrankem Alien zur Heimreise zu verhelfen. Dafür gab es gleich zwei Auszeichnungen, den Teddy Reader’s Jury Award von Queer.de und den Best Feature Hauptpreis der internationalen Jury.  Das absolut verdient: »Breve Historia del Planeta Verde« ist ein wunderbarer Film über Freundschaft und Solidarität. Getragen wird der langsam und ruhig erzählte Film dabei auch von einem hervorragenden elektronischen Soundtrack, der Gänsehaut-Musikmomente produziert. Die Jury begründete ihre Wahl mit den Worten: »Es ist eine charmante und erfrischende Geschichte einer Gruppe von Außenseitern und ist mit dem Gefühl und der Wärme durchdrungen, die uns durch Zeiten der inneren Spaltung und des äußeren Drucks führen wird und die heute so dringend benötigt wird«. Agreed.

Die komplette Preisverleihung des Teddy Awards 2019 gibt es hier als Stream. Mehr Informationen zu der Veranstaltung und den Filmen gibt es auf der offiziellen Teddy Award Seite.

 

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