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Hotelsex

Onlinedating kann nicht nur Umgang mit unangenehmen, anstrengenden Zeitgenoss*innen bereiten, sondern so manches Mal auch spannende Begegnungen bescheren und an ungeahnte Orte führen – so wie mir zuletzt geschehen.

Alles begann mit einem ziemlich konventionellen Chat auf GayRomeo mit jemandem, der auf der Suche nach Sex war. Im Chat war ich erstmal ein wenig zurückhaltend. Da mir mein (digitales) Gegenüber jedoch zunehmend sympathischer erschien – sofern man das wirklich bei Onlinebekanntschaften beurteilen kann – und wir auch in den Vorstellungen, wie einmaliger Sex miteinander ablaufen könnte kompatibel schienen, willigte ich einem Treffen in derselben Woche ein. Zu meiner kompletten Überraschung bekam ich dann am Tag vor dem ausgemachten Termin eine Nachricht: Er habe ein Hotelzimmer für uns gebucht. Völlig verdutzt starrte ich auf meinen Handybildschirm, las verwirrt wieder und wieder diese Worte und wusste nicht ob ich lachen, mich freuen oder mich fürchten sollte. Die Vorstellung mich mit einem völligen Fremden in einem Hotelzimmer zu treffen erschien mir ein wenig eigen und ich stellte mir unweigerlich die Frage:

Ist das der Anfang eines Horrorfilms, oder ist das mein persönlicher »Pretty Woman«-Moment?

Da ich ein sehr neugieriger Mensch bin und er mir alles in allem – wie bereits erwähnt – wirklich sympathisch erschien, willigte ich ein. Was wir vor unserem Treffen noch austauschten: Unter anderem ein dickpic seines beachtlichen Gemächts – stilvoll (*Ironie) abgelichtet neben einer 0,5l Cola Flasche (Ich beantwortete in character als meine Datingpersona »Wow, geil«; in Wahrheit machen mir zu große Penisse manchmal etwas Angst – aber dazu vielleicht ein andermal mehr?) und (etwas, das ich definitiv nicht immer mache, aber was im Eifer des Gefechts passierte) einen relativ detaillierten Ablauf dessen, wie unser Treffen ablaufen könnte. Ich würde das Zimmer betreten, ihn Blasen, mich auf seinen Schwanz setzen, ihn reiten, was darauf für Stellungen folgen sollten, könnte man ja schauen (je nachdem wie lange er durchhielte); für den Abschluss würde ich es dann gut finden, wenn wir in der Missionarsstellung landen würden. Meine Vorschläge wurde enthusiastisch aufgenommen.

Nun war also der Tag gekommen und ich reflektierte nochmal: Ein Sexdate in einem Hotel. Schon ein bisschen ähnlich einem Escort**, oder nicht? Aber womöglich war gerade das auch etwas reizvoll? Auf jeden Fall ein »erstes Mal«, denn im Hotel hatte ich bis jetzt nur innerhalb einer Beziehung Sex und das auch nicht allzu häufig.

Da es schon ziemlich lange her war, dass ich mich auf ein Sexdate eingelassen hatte, war ich nervös und bereite mich ziemlich akribisch auf das Aufeinandertreffen vor. Bevor ich mich auf den Weg machte trank ich sehr viel Wasser, um keinen ausgetrockneten Mund zu haben (Blowjob, ihr kennt den struggle). Der negative Nebeneffekt war, dass ich dann doch nochmal eine Toilette benutzen musste, bevor ich meinem Sexpartner vor die Augen trat – denn Interesse daran meine volle Blase penetrieren zu lassen hatte ich eher weniger.

Nun also ein wahnsinnig wertvoller Hinweis: Die Suche nach einer Toilette in der Nähe der Staatsoper stellt eine Herausforderung dar, wenn man ohne Bargeld ist (denn ja, die lustige »Operntoilette« und Burger King fallen dann bereits weg). Ich betrat das Hotel und folgte dort der Beschilderung zu einer Toilette im Erdgeschoss. Mein Sexdate hatte mir zu diesem Zeitpunkt bereits Instruktionen gegeben: Er sei bereits da und sobald ich im Aufzug sei, solle ich ihm Bescheid sagen, er würde dann die Tür anlehnen, damit ich eintreten könne. Er sei bereits nur noch in Unterhose. Zwischenzeitlich fürchtet er gar, dass ich nicht kommen würde; zumindest schickte er mir Nachrichten, in denen er fragte, ob das alles ein Scherz für mich sei, weil, falls das der Fall wäre, solle ich wenigstens so ehrlich sein und es sagen. Ich versicherte ihm, dass ich bereits im Hotel war und in jedem Moment eintreffen würde.

Die Blicke aller Hotelgäste, die mich trafen: im Foyer und der Hotelbar; die Blicke der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hotels – sie kamen mir skeptisch, prüfend vor, so als wüssten sie weswegen ich da bin. In diesem Moment, mehr denn je, hielt ich mich bereits selbst für einen Escort: Ein junger Mann, in einem recht noblen Hotel, unbegleitet, sich nicht anmeldend und immer wieder auf sein Handy schauend?

Das alles war tatsächlich vergessen, sobald ich meinem Sexdate begegnete, wie er in schönem Slip auf dem Hotelbett saß. Er sah tatsächlich nochmal deutlich besser aus, als ich – basierend auf seinen Fotos – vermutet hatte. Lucky me. Wir hatten genau so Sex, wie verabredet: Ich ihn blasend, auf ihm sitzend, auf dem Bett seitlich und doggy (weil er eben doch etwas länger durchhielt), bis wir dann letztlich in der Missionarsstellung landeten. Er über mir, meine Beine über seine Schultern; das bot mir einen wirklich schönen Anblick, nicht zuletzt, da er einen ziemlich definierten Körper hatte. Während er die meiste Zeit rhythmisch recht schnell unterwegs war, wurde er plötzlich langsamer und sah ein wenig angestrengt aus. Allerdings nur, da er , wie er verkündete, seinen Orgasmus nicht länger zurückhalten könne. Vielleicht etwas forsch(?) entgegnete ich, er solle sich nicht Bitten lassen und gefälligst weiter machen. So kam er alsbald mit einem lauten, befriedigten Stöhnen.

Danach lagen wir noch ein paar Minuten nebeneinander und ich musste beinahe ein bisschen darüber lachen, dass ich gerade an die Decke eines Hotelzimmers starrte, in dem ich gerade mit jemandem, den ich erst etwas über eine halbe Stunde kannte, wirklich guten Sex gehabt hatte. Um die aufgeworfene Frage zu beantworten: Weder bin ich von einem Homophoben in eine Falle gelockt worden (Immer vorsichtig sein, Kinder! Mein Handy mit gewählter Notrufnummer lag jederzeit griffbereit), aber leider war es auch nicht mein großer »Pretty Woman«-Moment. Niemand hat niemanden in eine luxuriöse Welt entführt, um irgendwem beim Polo-Spielen zuzuschauen. Dafür hatte ich sehr guten Hotelsex: aufregendes Setup, befriedigender Akt und absolut unkomplizierter zwischenmenschlicher Umgang.

Ich vergebe für dieses Sexdate fünf von fünf Hotel-Kondomautomaten-Kondome. Und auch wenn ich durch das Treffen nicht zu jemandes Boy Toy geworden bin, so wurde ich immerhin noch am gleichen Tag etwas später zu einer zweiten Runde eingeladen. Das Zimmer war schließlich für eine ganze Nacht gebucht.

 

 Vielen Dank fürs Verirren auf meinen kleinen Blog. Meine Kolumne, Kernstück der Seite, ist in die Kategorien Sex, Dating, Beziehung und Toleranz unterteilt. Desweiteren gibt es unter den Kategorien Entertainment und Wien ein paar Veranstaltungshinweise und Literatur-, Film- und Musiktipps (to be expanded). Viel Freude beim Ergründen.

** Mir ist aufgefallen, dass man es so verstehen könnte, dass Prostitution grundsätzlich etwas schlechtes sei. Als Sex-positiver Mensch bin ich absolut gegen ein Stigma von Sexarbeiter*innen. Ich denke nur, dass man sich vielleicht nicht unbedingt wie ein*e Sexarbeiter*in fühlen sollte, wenn man nicht tatsächlich nach dem Sex mit einem fetten Gehaltscheck nachhause geht?

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