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Der Dritte Mann

Es ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung auf der sich Charlotte und Jack in einer Folge von Sex and the City kennenlernen. Nach ein paar Wochen des Datings spricht Jack das Thema »sexuelle Phantasien« an und beichtet Charlotte, dass er bereits vom Gedanken daran wie Charlotte eine andere Frau küsst, hart wird. In typischer Sex and the City-Manier wird das Thema nun zwischen den vier Protagonistinnen beim Brunchen breit diskutiert und von Carrie als potenzielles Kolumnenthema aufgegriffen. Während Samantha darüber berichtet, dass der Sex zu Dritt absolut en Vogue sei, fängt Carrie im Zuge ihrer Recherchen an überall in ihrer Umwelt die »drei« als hehres Naturgesetz zu erkennen (fat, low-fat, non-fat; first class, business class, economy; die three Stooges). Ihre vorläufige Hypothese: »Maybe we were never meant to do it with only one person«.

Irgendwas sagt mir, dass ich eine Regel, für deren Beweisführung die three Stooges herhalten sollen, nicht allzu ernst nehmen sollte. Zudem: Würde ein Beitrag über uns umgebende Dualität nicht den Rahmen dieses Beitrags sprengen? Doch gerade in einer Stadt, in der Der Dritte Mann allseits präsent ist, sollte ich vielleicht nicht vorschnell urteilen und stelle also endlich die Frage:

Wie fühlt sich der Sex zu dritt an?

Wir, die wir uns schon mal auf Datingseiten für gleichgeschlechtliche Liebe rumgetrieben haben, kennen sie alle: Die Profile verpartnerter Männer oder Pärchenprofile, die sich Spielgefährten für den Sex zu dritt oder mehr suchen. Bei nicht wenigen Leuten (und damit meine ich in dem Fall mich selbst) dürfte auch umgekehrt ein Interesse bestehen diese Konstellation einmal auszuprobieren. Zum Teil sind da vielleicht folgende Fragen der Antrieb: Wie ist das zum Beispiel als »Passiver« mit zwei »Aktiven«? Sind da wirklich plötzlich »überall Hände«? Wie fühlt sich das an, wenn man zum Beispiel zwei Männer nacheinander ranlässt?

Sex and the City-Sexpertin Samantha hat eine Regel für sich aufgestellt was Dreier betrifft: Sie möchte ausnahmslos als »Stargast« ein Pärchen besuchen. Man habe damit all die Vorteile, die eine solche Zusammenkunft mit sich bringe, nicht aber die Risiken, die sich für das Pärchen ergeben (zum Beispiel, dass jemand eifersüchtig wird, sich zu wenig beachtet fühlt). Da ich diese Argumentation sehr einleuchtend finde, bewarb ich mich letzten Sommer als ein solcher »Stargast«, als ich auf ein Profil zweier ganz besonders feschen Männern aufmerksam wurde.

Malte und sein Mann Karsten wohnen in einer lichtdurchfluteten Wohnung in Mariahilf. Sie sind seit über einem Jahrzehnt ein Paar. Das bedeutet sie haben eine Wohnung, die Erinnerungsstücke aus über zehn Jahren Beziehung mit sich bringt. Ihr Flur ist mit gemeinsamen Urlaubsfotos behangen und die ältesten Fotos offenbaren teils fragwürdige Frisur- und Modeentscheidungen – wundervoll. Sie sind so ziemlich genau so, wie man sich zwei Männer vorstellt, die seit langer Zeit verpartnert sind: So bequem, so hübsch eingerichtet, so gewöhnlich, fast schon ein bisschen bieder und konservativ – nur, dass sie an manchen Abenden eben auch mal Sex zu Dritt haben.

Unser verabredeter Treffpunkt ist ein kleines Lokal beim Naschmarkt, in dem man ein bisschen ins Gespräch kommen kann. Weil die beiden wirklich nett sind, reden wir mehr darüber was ich studiere, nicht so viel über sie und ihre Jobs. Wir trinken viel und für ein allererstes Treffen wird sehr viel gelacht. Die Gesamtsituation ist  entspannt. Je länger wir zusammen sind, desto mehr bekomme ich dann auch die Annäherungsversuche der beiden mit. Und als wir entscheiden uns noch auf den Weg in ihre Wohnung zu machen, bestehen Malte und Karsten darauf für meine Getränke  und Snacks zu bezahlen. Daran könnte ich mich gewöhnen.

Weil eigentlich schon klar ist, auf was dieser Teil des Treffens hinauslaufen wird, beschränkt sich die Kommunikation in ihrer Wohnung auf Komplimente zur Einrichtung und Smalltalk über die Reisefotos, bis es recht schnell ins Schlafzimmer geht. Für einen kurzen Moment komme ich mir vor wie in einem trashigen Porno, als Karsten -scherzend um die Stimmung aufzulockern- sagt: »Und das ist unser Schlafzimmer. Das ist unser Bett… Oh und es ist so bequem, magst du nicht vielleicht Probe liegen?«. Dieser etwas dümmliche Scherz ist insofern effektiv, da er mich zum lachen bringt und mir meine innere Anspannung ein wenig nimmt.

Ich tue wie mir empfohlen, lege mich hin und lasse mich möglichst von meinen Instinkten leiten. Glücklicherweise scheint vieles, was die nächste Dreiviertelstunde in diesem Schlafzimmer passiert jedoch sowieso ziemlich ungezwungen zu geschehen. Zwar basiere ich diese These auf eine einzige Begegnung, aber ich vermute, dass ein weiterer Vorteil als »Stargast« zu Besuch bei einem Pärchen darin besteht, Sex mit einem eingespielten Team zu haben. Sie wissen was sie wollen, es gibt keinerlei Eifersucht: Die beiden konzentrieren sich auf mich. Und das fühlt sich gut an.

Der Sex besteht aus oraler, wie analer Befriedigung und ziemlich vielem herumschmusen. Und an einem Punkt habe ich tatsächlich kurz das Gefühl, dass es ein bisschen überwältigend ist, wenn man von vier Händen berührt wird.

Nachdem die Bedürfnisse aller ziemlich befriedigt sind, bleibe ich noch auf einen postkoitalen Tratsch am Sofa im Wohnzimmer und bin erstaunt darüber wie entspannt das Treffen gewesen ist. Für so casual hätte ich meine erste Erfahrung von Sex zu dritt nicht vorgestellt.

Da Sex and the City recht häufig tendenziell konservative Messages bezüglich Sex, Beziehung und Dating bereithält, werden Dreier auch in dieser Episode nicht allzu positiv behandelt. Denn in besagter Folge steht der Sex zu dritt als Trennungssymptom für die ehemalige Beziehung von Mr. Big und seiner Ex-Frau und auch Charlottes Ménage à Trois endet als Flop. Was ich empfehlen würde, damit das Ganze besser abläuft als im Fernsehen? (1) Entspannen & Wohlfühlen. (2) Nur ins Bett hüpfen, wenn man sich auch wirklich gut damit fühlt. Denn man sollte sich (3) auf gar keinen Fall (be)drängen lassen (was ja eh auch die Voraussetzung für (1) sein dürfte). Lassen sich diese Rahmenbedingungen schaffen, dann kann der Sex zu dritt fabelhaft sein.

Erstmal als »Stargast« zu beginnen erscheint mir da ein ganz guter Tipp. Danke dafür, Samantha Jones.

Vielen Dank für das Lesen meines kleinen feinen Blog über schwules Dating in der Großstadt. Es ist derzeit Pride Month und Wien bereitet sich auf die EuroPride vor. Ein paar Programmhighlights zu diesem Anlass habe ich bereits hier zusammengestellt. Habt – wie immer – eine wunderbare Woche!

1 Comment

  1. Interessante Begegnung die du da hattest! Finde zwar die Vorstellung ziemlich ansprechend, aber eh wie du schon geschrieben hast auch überwältigend. Konzentriere mich da lieber auf jemanden einzelnen 😉

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